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Viele sagten mir vor meiner ersten Reise: “Du wirst London lieben!” oder “London, das ist eine Stadt für dich!” Was den Style angeht, mag das ja gar nicht mal so falsch sein. Aber es ist schon ein wenig verrückt gewesen, was ich bei meinem ersten Londonabenteuer so alles erlebt habe.
London im Sommer – eher schwierig
Der größte Fehler, den man machen kann, ist London im August zu besuchen. Nicht nur die Touristenmassen von außerhalb stürmen dann die Stadt, nein, es haben auch alle in England Ferien – egal, ob Schüler oder Studenten. Erträglich ist die Stadt dann nur zwischen Sperrstunde und bevor die meisten zur Arbeit gehen. Dadurch hatten wir einen eigentlich recht angenehmen Morgen in Chelsea. Nur das Wetter war eben selbst um 8 Uhr morgens schon drückend heiß.
Wer nach London für einen Wochenendtrip reist, der nimmt am besten leichtes Gepäck. Sehr, leichtes Gepäck. Das birgt viele Vorteile, wenn man seine 7 Sachen die gesamte Reise über bei sich hat, denn aufgrund der Terrorgefahr und anderer Faktoren gibt es keine Schließfächer in den Bahnhöfen so wie bei uns in Deutschland, sondern nur an ausgewählten Orten Gepäcklagerservicestellen, die dann mal 10 Pfund und mehr pro Koffer pro Tag kosten können. Zudem fliegen die meisten ja von Deutschland rüber und selbst ein Handgepäckkoffer kostet bei Günstigflügen wie Ryanair extra. Wer also seine Reise plant, sollte sehr darauf achten, wo er hinfliegt. Von Stensted beispielsweise kostet die Anfahrt mit Zug oder Bus etwa 20 Pfund pro Person pro Tour.
Wer den Buckingham Palace besuchen möchte, muss schon am frühen Morgen mit Menschenmassen aus aller Welt rechnen.Zwischen Parks und Palästen
Eines muss man den Leuten in London lassen: Das mit den Parks haben sie echt drauf. Überall gibt es in der Stadt kleine, grüne Oasen, wo man dem Trubel und Lärm ein wenig entkommen kann. Das ist durchaus schön und vielleicht sogar schöner als beim Nachbarland in Paris, wo man auf keinen Fall den Rasen der dortigen Parks betreten darf. Nein, in London gibt es hier und da ein Kaffeebüdchen, einen Kiosk und Liegestühle, mit dem man sich auf die Liegewiese setzen kann.
Da es mein Ehemann irgendwie mit Parkflächen in Innenstädten hat, sind wir natürlich alle Parks der Innenstadt abgegrast. Dabei ist es sehr angenehm, dass einer davon direkt beim Buckingham Palace ist. Ich möchte gerne ehrlich sein mit euch: Ich habe diesen Palast zwar nur von außen gesehen und vielleicht, weil ich ihn nur von außen gesehen habe, kann ich sagen: Schön ist er, aber ich bin nicht sonderlich beeindruckt. Als Deutscher kennt man Dank der vielen ehemaligen Kleinstaaten so viele Schlösser, selbst in meinem Heimatdorf gibt es ein kleines Herrenhaus.
.Selbst am frühen Morgen waren hier schon ganze Touristenlawinen. Wer sich den Palast also von innen anschauen möchte, sollte dreimal gucken, wann der beste Moment dafür ist. Ein bisschen ist es wie mit dem Reichstag in Berlin. Wir gehen doch am liebsten dorthin, wenn die Schlange relativ kurz ist. Zwar warten wir dann immer noch eine halbe Stunde, aber die Reichstagskugel belohnt uns dafür ja auch mit diesem tollen Einblick und Ausblick.
Camden Market – ein Shopping Paradies
Die Ecke von London, die am ehesten mir entspricht, ist wohl eine Mischung aus dem heutigen Shortage und Camden Market. Letzterer Ort macht, wenn man morgens direkt zu 10 Uhr hinfährt und dann vor dem großen Ansturm gegen Nachmittag wieder die Biege macht unglaublich viel Spaß. Es geht nicht nur ums sinnlose Shoppen und von Laden zu Laden hetzen wie auf der Oxford Street, die ich nebenbei erwähnt eigentlich bis auf den Lush recht lasch fand.
Camden Market hingegen ist leicht verrückt und herrlich schräg mit all den bunten Fassaden, die ein wenig wirken, als wäre man gerade in das Buch “Alice im Wunderland” gefallen. Und so ist auch das Eintauchen in die kleinen Stände ein wenig wie ein Abtauchen in eine fremde Welt. Man holt sich am Anfang einen frisch gepressten Saft oder vielleicht auch Cookie Dough zum Löffeln, was deutlich schicker in Büdchen aussieht als auf dem Berliner Mauerflohmarkt und dann geht man frisch gestärkt in all die Läden und Stände. Ja, Fotografieren ist meist streng verboten, aber Inspiration kann man ja auch im Kopf sammeln. Ich muss gestehen, dass ich mir dort tatsächlich kein einziges Teil gekauft habe, aber mein Ehemann hatte dort eine kleine Styleoffenbarung.
Wer einigermaßen bewandert in Mode ist, wird auch gut erkennen können, was Chinaschrott ist und welche Sachen ihren Preis wert sind. In Gespräch mit einem Showbesitzer haben wir allerdings auch erfahren, dass selbst hier die Gendrifizierung keinen Halt macht. Somit ist fraglich, ob wir dieselben Shops noch in ein oder zwei Jahren wieder vorfinden, wenn wir das nächste Mal London besuchen.
Neben Shopping auch noch anderes
Ich glaube, ich verbringe gerne Zeit am Camden Market, weil es mich sehr an die Mauerpark Flohmarkt in Berlin erinnert. Nur eben in schicker und mit einem anderen Style. Neben Kleidung und Antikkram, alten Kameras und Platten, Mode von Steampunk bis zu den 70er-Jahren gibt es auch hier und da einen Fotoautomat, ein Cornflakes Restaurant mit Eis aus Cornflakesmilch, vegane Ice Cream Soda und allerlei Essenstände. Aber auch hier gilt: Man sollte damit klarkommen, dass dieser Ort voller Menschen ist.
Kaufhäuser mit viktorianischen Glanz
Wir alle kennen die Kaufhäuser Londons aus den Medien und ich muss sie hier wohl nicht aufzählen. Von allen Edelkaufhäusern allerdings gefiel mir allerdings eines, dass ich nur eher als Randnotiz aus einem Sophie Kinsella Roman kenne, mit Abstand am besten. Bei einem Kaufhaus geht es für mich weniger ums Kaufen, sondern darum, in den Prunk vergangener Zeiten zu schnuppern. Und ideal für eine schöne Zeitreise ist Fortunas und Mason. Natürlich, wer möchte, kann sich ihr auch mit Macarons, Shortbread und Tee eindecken. Aber dieses Kaufhaus beweist, wie unglaublich schön es aussehen kann, mal keine Massen von Waren undGrabbeltische bereitzustellen.
Mein anderer Tipp ist der Lush in der Oxford Street, denn dieser ist eine Klasse für sich. Auf drei Stockwerken hat man hier nicht nur die üblichen Verdächtigen der allseits beliebten tierversuchsfreien Kosmetikmarke – es gibt hier auch einen Lush Spa und viele Produkte der Lush Kitchen, die man nur exklusiv in dieser Filiale kaufen kann.
Einfach mal treiben lassen
Das Schönste in London ist eigentlich, einfach mal querfeldein zu laufen und dort langzugehen, wo eben nicht jeder Touristenführer einen Insidertipp kennt. So kamen wir unweit von King’s Cross in ein nettes, veganes Bistro, dass für uns extra länger geöffnet hatte, weil wir sehr spät dran waren. Mitten zwischen Reihenhäusern und Klinkercharme speisten wir und hatten zum ersten Mal an diesem Tag so etwas wie Ruhe. Was gar nicht so einfach ist bei diesen konversationsfreudigen Briten, die gerne erst einmal deine halbe Lebensgeschichte hören wollen, während du bestellst.
“Ihr seid aus Deutschland? Unsere Schlagsahne kommt ja aus Deutschland, das ist die Beste!” Ja, diesen Satz haben wir in Großbritannien öfters zu hören bekommen.
Tropische Pracht statt London Eye
Ich habe tatsächlich Hemmungen, London Eye zu besuchen. Mein Ehemann und viele meiner Freunde haben mir davon abgeraten, weil es selbst online vorab gebucht 30 Euro kostet und nicht mal besonders schön sein soll. Ich stelle es mit ein bisschen wie der Alex in Berlin vor. Er gehört zum Stadtbild und ist von außen schön anzusehen, aber von innen dann bekommt man keine schönen Fotos hin und durch die Scheiben wirkt alles etwas trüb und vergilbt.
Wer also lieber prächtiges Grün statt eine Runde Riesenrad möchte, kann sich online vollkommen gratis eine der schönsten Aussichten über London buchen. Inzwischen ist der Sky Garden kein Geheimtipp mehr. Dort gibt es auch ein Restaurant für alle, die die Aussicht über London etwas länger genießen möchten. Auch die Aussicht im Hampstead Heath Park ist vollkommen gratis Dank leicht erhöhten Ausgangspunkt. Dort kommt man am besten mit der U-Bahn bis zur Station Gospel Oak hin. Auch andere Parks in London bieten einen schönen Ausblick über die Stadt. Der Favorit meines Mannes ist der Greenwich Park, der wirklich sehr dicht am Stadtzentrum ist.
Wer dann doch wirklich eine “richtige” Aussicht erleben will, hat auch hier die Qual der Wahl. Vollkommen gratis ist die Aussichtsplattform des Einkaufszentrums One New Change. Und auch von Tate Modern hat man einen schönen Ausblick auf die Themse bietet.
Übernachten ohne schlechtes Gewissen
In London würde ich immer zum Hotel raten. Versteht mich nicht falsch, ansonsten bin ich ein Riesenfan von Airbnb, aber in London empfehle ich dann doch aus zwei Gründen eher zu einem guten, alten Hotel. Erstens fangen Airbnbs, selbst die spartanischen, erst bei 50 Pfund an. Das ist ein ganzes Stück teurer als im Rest des Landes. Zum Anderen habe ich inflationär oft gerade in London von Erfahrungen mit Supervermietern gehört und auch wir haben leider versehentlich das Airbnb eines Supervermieters gebucht. Wem der Begriff nichts sagt, dem sei gesagt, dass Supervermieter gar nicht so super sind.
Diese Vermieter haben oft mehrere Immobilien, aus denen sie illegale Hostels machen. Und unsere Unterkunft in Shortage war unglaublich gruselig. Dort waren mit Edding Buchstaben an die Zimmer geschrieben und es gab außen einen Safe, wo wir den Schlüssel abholen sollten. Gerade dann, wenn in der Beschreibung des Airbnbs etwas von einem Schlüsselsafe steht.
Daher bin ich in Sachen London immer sehr vorsichtig. Ich gebe dann doch das Geld lieber für ein schönes Hotel aus. Für einen Kurztrip nach London kann man sich diesen Luxus auch mal gönnen. Wer es wie ich ein wenig vegan-organisch-alternativer mag, der ist gut in Shortage aufgehoben. Dort hat man nachts einen tollen Ausblick auf die Bankentürme, die nur einen Steinwurf entfernt sind. Und wie überall in Großbritannien gibt es keine Discounterflut. Nein, regionale Läden bestimmen hier noch immer das Stadtbild.
London bei schlechten Wetter
Wer dann doch mal London beim typischen Wetter erwischt, muss sich nicht selbst bestrafen und den ganzen Tag die Oxford Street auf und ab gehen. In diesem Falle gibt es viele schöne Museen innerhalb der Stadt, die auch größtenteils gratis sind. Man zahlt nur Eintritt für Sonderausstellungen. So kann man auch ein komplett verregneten Trip in Museen wie dem British Museum, dem National History Museum, dem Museum of London, der National Gallery oder dem Tate Modern verbringen. Damit hat man eigentlich genug Museen für eine ganze Woche schlechtes Wetter.
Wer dann statt einer Dosis Kultur doch lieber einen Hauch von Natur bei schlechten Wetter will, muss sich nicht gleich im Fliesennerz in den strömenden Regen in einen der unzähligen Londoner Parks setzen. Mein Geheimtipp für diesen Fall ist natürlich ein Botanischer Garten – wie sollte es anders sein? Im Barbican Conservatory kommt selbst bei schlechten Wetter ein wenig tropisches Feeling auf. Das zweigrößte Konservatorium in London beherbergt neben über 2000 Pflanzenarten sogar Koi Karpfen.
Und die Instagramfans unter euch können ebenso sich auf Suche nach coolen Selfie Spots machen. Gerade ist de größte Trend Peggy Porschen oder rosa Häuserfassaden in Notting Hill, aber weiß, was da als nächstes kommt. Vielleicht setzt ja ihr den nächsten Trend für einen Fotospot in London? Es gibt in dieser Stadt auf jeden Fall noch viele Dinge, die entdeckt werden möchten.
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